18.01.2022  

Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts deuteten sich bei vielen deutschen Ordensgemeinschaften Nachwuchsprobleme an. Auf dem Hintergrund des hohen Lebensalters der in Schweich noch tätigen eigenen Ordensschwestern und im Vorfeld der Erweiterung vom Altenheim St. Josef wurde nach Perspektiven gesucht. Schließlich entstand Kontakt zur indischen Ordensgemeinschaft Congregation of Mother of Carmel (CMC), die zur Stärkung der eigenen Werke an einer Kooperation interessiert war und nach Klärung der nötigen Formalitäten fünf Schwestern entsendete.

Sr. Bency und Sr. Helen kamen am 2.1.1982 und am 10.1.1982 folgten Sr. Alice Maria, Sr. Ancy Jose und Sr. Jasmin. Nach vorübergehender Unterbringung im Aegidienberger Kloster St. Josef kamen Sr. Bency und Sr. Helen am 18.1.1982 nach Schweich, während die drei anderen Schwestern zunächst einen 6-monatigen Deutschkurs beim Sprachinstitut Kreuzberg-Bonn absolvierten.

Die mittlerweile 74-jährige und wieder im Heimatland lebende Sr. Bency berichtete kürzlich bei einem Telefonat, dass die Ankunft in Deutschland abenteuerlich und die Anfangszeit sehr beschwerlich waren. Mit Gottvertrauen aber ohne jegliche Kenntnis der Witterungsverhältnisse in Deutschland hatten die Schwestern ihre wenigen Sachen in Indien gepackt und kamen von der tropischen Malabarküste mit Sandalen und sommerlicher Kleidung mitten im Winter in ein fremdes Land. Schnee hatten die Schwestern noch nie erlebt und auf der nächtlichen Fahrt vom Flughafen ins Siebengebirge fragten sie sich, ob die Erde in Deutschland weiß ist. Am anderen Morgen waren sie froh, dass die Aegidienberger Schwestern ihnen liebevoll festes Schuhwerk, warme Westen und Wintermäntel bereitstellten, die sie umgehend anzogen und damit gut gewärmt gemeinsam mit den Franziskanerinnen zum Gottesdienst in die Pfarrkirche gingen.

(v.l.n.r.) Die ersten Schwestern in Schweich: Sr. Jasmin, Sr. Helen, Sr. Alice Maria, Sr. Ancy Jose, Sr. Bency. 

Zweifelsfrei war der Umzug nach Deutschland für jede einzelne Schwester eine große Herausforderung. Eine fremde Sprache musste erlernt, eine andere Kultur angenommen und Heimweh überwunden werden. Sr. Bency und Sr. Helen haben bis zur Fertigstellung des Schwesternhauses in der Neustraße im Konvent der Schweicher Franziskanerinnen gewohnt. Sr. Helen wurde von Sr. Filipana und Sr. Bency von Sr. Floriberta angeleitet. Alle franziskanischen Schwestern waren schon etwas älter und so waren die jungen Schwestern froh, dass sie bei der Arbeit Kontakt mit Mitarbeitern hatten, die ihnen beim Erlernen der Sprache behilflich waren.

Kurz nach Einweihung des neuen Schwesternhauses in der Neustraße trafen am 26.6.1982 auch Sr. Alice Maria, Sr. Ancy Jose und Sr. Jasmin nach Abschluss ihrer Sprachausbildung in Schweich ein. Schnell wurden die indischen Schwestern in Schweich angenommen. Dabei war die Herzlichkeit, mit der sie den Bewohnern und den Menschen im Umfeld begegneten, der Türöffner für nunmehr vier Jahrzehnte Dienst am Nächsten.

(v.l.n.r.) Sr. Jovit, Sr. Princy, Sr. Alphy, Sr. Melvin, Sr. Angel Mary, Sr. Josia, Sr. Amal-Grace.

Für die Schwestern sehr gewöhnungsbedürftig war zunächst das deutsche Essen, vor allem die regionale Hausmannskost, wie Blut- und Leberwurst. Sr. Bency erinnerte sich beim Telefonat an das erste Mittagessen bei den Aegidienberger Schwestern. Es gab „Kasseler“ und das wirkte wegen der rosa Farbe zunächst auf die Schwestern, als ob Fleisch in Deutschland roh gegessen wird. Schnell waren die Hürden bei der differenten Speisenkultur überwunden und viele Mitarbeiter, Franziskanerinnen und auch Geistliche im Umfeld der Häuser haben im Laufe der Zeit die köstlichen indischen Speisen kennen und schätzen gelernt. Es gibt kaum eine Mitarbeiterfeier oder ein Jubiläum, auf dem nicht irgendeine Köstlichkeit aus der „feurigen“ Schwesternküche mit indischen Gewürzen serviert wird.

Auch Geistliche - hier Pastor Gerber, Pater Jomi, (2019) im Speicherer Marienkonvent - lassen sich gerne von köstlichen indischen Speisen verwöhnen.

Annähernd 30 Jahre hatten die CMC-Schwestern ihren Konvent in der Neustraße 4. Nachdem das Haus in der Brückenstraße 67 durch den Umzug des Generalates der Franziskanerinnen vom hl. Josef nach Brasilien freigeworden war, zogen die Schwestern dorthin um. Das größere Gebäude mit eigener Hauskapelle bietet seitdem sieben CMC-Schwestern ein Zuhause. Zeitweise wohnen auch weitere Schwestern im Haus, die zunächst die Sprache lernen und dann eine Pflegefachkraftausbildung absolvieren.

In Anbetracht des allgemeinen Fachkräftemangels könnten wir gut und gerne weitere Ordensschwestern gebrauchen. Aber leider sind die Schwesternzahlen mittlerweile auch in Indien rückläufig und zunächst gilt es die Nöte im eigenen Land zu lindern. Umso dankbarer sind wir dafür, dass die Congregation Mother of Carmel Dank Vermittlung und Fürsprache der damaligen Schweicher Konventoberin Sr. Betsy zwei Niederlassungen in Speicher und in Unkel gegründet hat.

Begrüßung am Speicherer Bahnhof.

Am 29.1.2019 kamen fünf indische Ordensschwestern in Speicher und am 28.8.2019 vier Schwestern in Unkel an und verstärken seither die dortigen Dienstgemeinschaften.

Begrüßung am Unkeler Bahnhof.

Mit den indischen Ordensschwestern hat die Betreuung und Pflege nach St. Josef, nun auch in unseren Altenheimen Marienhof und Christinenstift eine besondere Qualität und ein Alleinstellungsmerkmal im weiten Umkreis der Häuser erfahren.

Ein in Deutschland mittlerweile seltenes Bild einer Vielzahl von Ordensschwestern entstand am 27.10.2019, dem Tage der Niederlassungsgründung in der Hauskapelle vom Christinenstift.

Die 1866 gegründete erste indische Ordensgemeinschaft für Frauen folgt dem Leitspruch der Karmelitinnen „durch Werke der barmherzigen Liebe für das Reich Gottes tätig sein.“ Durch das barmherzige Wirken der Schwestern für die uns anvertrauten Bewohner und für Anliegen der Pfarrgemeinden sowie durch ihr unermüdliches Gebet, werden die Schwestern dem vorgenannten Leitspruch gerecht. Die Schwestern haben oft ein stilles Lächeln auf den Lippen und ganz selbstverständlich ein offenes Ohr für den Kummer und die Sorgen der Bewohner. Und nicht selten erbitten sich Mitarbeiter und Menschen aus dem Umfeld der Häuser das Gebet der Schwestern für Ihre Anliegen.

Die Schwestern der Franziskanerinnen vom hl. Josef und die Geschäftsführung danken den CMC-Schwestern auch auf diesem Wege für 40 Jahre schwesterlichen Dienst zum Wohle der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner und für die Unterstützung der Dienstgemeinschaft im Altenheim St. Josef. Wir hoffen auf viele weitere Jahrzehnte in wohltuender Kooperation mit den CMC-Schwestern.


CMC-Schwestern: Die Congregation of Mother of Carmel wurde am 13.2.1866 in Koonanmav im indischen Bundesstaat Kerala gegründet. Mit derzeit ca. 6400 Schwestern ist die Ordensgemeinschaft auf dem indischen Subkontinent, in Afrika, in Amerika und in Europa in der Alten- und Krankenpflege, der Kinderbetreuung und im Unterrichtswesen tätig. In der Bundesrepublik Deutschland hat die Kongregation 19 Niederlassungen. Mit den Gestellungsgeldern in wohlhabenden Ländern finanzieren die Schwestern ihr Wirken für notleidende Menschen in den Armutsgebieten unserer Welt.


4 Jahrzehnte harmonischer Zusammenarbeit im Altenheim St. Josef / CMC-Schwestern tragen großen Anteil am guten Ruf des Hauses

In den Anfangsjahren war das Leben für die indischen Schwestern in der Schweicher Neustraße mit großen Entbehrungen verbunden. Zwar haben sich die alten franziskanischen Schwestern und auch einige Privatpersonen im nahen Umfeld sehr um das Wohl der jungen Ordenskräfte bemüht, aber das Heimweh wog schwer. Denn es gab jahrelang keine Telefonverbindung nach Indien und Kontakte in die Heimat waren auf den Postweg beschränkt.

Nur zu gut, dass die Welt durch das word-wide-web näher zusammengerückt ist und die Schwestern seitdem via E-Mail und WhatsApp jederzeit in Schrift, Bild und Ton Kontakt zu Angehörigen und Schwestern in der Heimat halten können.

Seit dem 30.4.2022 ist Sr. Josia die Oberin vom St. Joseph Convent der Schweicher CMC-Schwestern. Das Smartphone ist heute für die Schwestern ein wichtiges Kommunikationsmittel, auch in die Heimat.

Vor 4 Jahrzehnten gab es wegen der damals geburtenstarken Jahrgänge hierzulande noch genügend Pflegekräfte. Im Laufe der Zeit hat sich die Arbeitsmarktsituation zunehmend verschlechtert, weil mahnende Rufe im Wohlstandsstaat Deutschland verhallt sind. Jetzt ist das Klagen angesichts eines massiven Pflegenotstands groß und das nicht erst wegen der Corona-Pandemie.

Sr. Melvin hat die Ausbildung zur Altenpflegerin in Trier absolviert und ist heute eine wichtige Stütze im Fachkraftteam von Wohnbereich 7+8.

Wie gut für die Dienstgemeinschaft von St. Josef, dass Ordensschwestern nicht nur für Stabilität im Dienstplan sorgen, sondern mit ihrer ausgleichenden Art auch das Klima positiv beeinflussen. Die Schwestern leben vor Ort und sie springen immer wieder selbstverständlich ein, wenn Mitarbeiter erkranken. Es gibt auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Schwestern täglich für die Anliegen des Hauses, der Bewohner und der persönlichen Sorgen von Mitarbeitern beten.

Liebevoller Dienst für unsere Bewohnerinnen und Bewohner: Hier die bis zu ihrem Wechsel nach Unkel vom 2.5.1998 bis 20.4.2020 vorbildlich wirkende Sr. Betsy mit Bewohnerin Anni Schreiner.

Kraft für ihren verlässlichen Dienst an den Mitmenschen fern der Heimat schöpfen und finden die Schwestern bei der Feier der hl. Messe, im stillen Gebet und in der Andacht. Diese Kraft benötigen sie, denn der Alltag einer CMC-Ordensschwester ist lang und beschwerlich. Damit die „Schwesternpower“ täglich nicht nur in einer Schicht wirksam wird, arbeiten nicht alle 7 Schwestern gemeinsam, sondern aufgeteilt und abwechselnd im Früh- und im Spätdienst.

(v.l.n.r.) Sr. Jovit, Sr. Amal, Sr. Princy, Sr. Josia, Pastor Reckenthäler.

Der Tagesablauf einer Ordensschwester ist eng getaktet. Beispielsweise klingelt der Wecker für Schwestern, die nach Dienstplan im Frühdienst arbeiten, bereits um 4:00 Uhr in der Früh. Um 4.30 beginnt eine einstündige Meditation und um 5.30 Uhr beten die Schwestern gemeinsam die Laudes, also das liturgische Morgengebet. Daran anschließend beginnt der Frühdienst im Altenheim, der kurz nach 14:00 Uhr endet.

CMC-Schwestern beim Gebet in der Kapelle von Haus Brückenstraße.

Um 16.30 Uhr wird die Vesper gelesen und anschließend besuchen die Schwestern einen Gottesdienst im nahen Umfeld oder in Trier. Nach der Rückkehr wird gemeinsam zu Abend gegessen. Danach ist Zeit füreinander und miteinander, bevor der Tag in Gemeinschaft um 20:30 Uhr mit dem Nachtgebet, der sogenannten Komplet, endet. Im Anschluss gehen die Schwestern auf ihre Zimmer um zu lesen oder zu beten und gegen 22:00 Uhr beginnt die Nachtruhe.

Natürlich brauchen auch Ordensschwestern längere Phasen der Erholung und Rekreation. So fahren die Schwestern jährlich eine Woche in Exerzitien (d.h. Besinnungstage mit geistlich-religiösen Übungen) und üblicherweise alle 2 Jahre reisen sie zu Angehörigen bzw. ihren Mitschwestern in die schöne Heimat.

Im Laufe der zurückliegenden 4 Jahrzehnte haben mittlerweile 19 indische Ordensschwestern in St. Josef mitgewirkt:

  1. Sr. Helen:  18.1.1982 - 2.1.1997, Oberin 1982 -1997
  2. Sr. Bency: 18.1.1982 - 4.2.2011, Oberin 1997- 2001 und 2007-2010
  3. Sr. Alice Maria:  18.1.1982 - 4.1.1993
  4. Sr. Ancy Jose: 18.1.1982 - 3.10.1990
  5. Sr. Jasmin: 18.1.1982 - 17.1.2019, Oberin 2004-2007
  6. Sr. Elsy Jose: 6.6.1987 - 17.4.2004
  7. Sr. Roslin Jose: 11.1.1993 - 26.11.2012, Oberin 2001-2004
  8. Sr. Treesa Jose:  6.9.1994 - 26.12.2001
  9. Sr. Vineetha: 17.12.1996 - 2.4.2002
  10. Sr. Betsy:  2.5.1998 – Oberin 2010-2013 und 2016-2019;
    am 20.4.2020 Wechsel ins Christinenstift nach Unkel
  11. Sr. Alphy:  2.5.1998, Oberin 2013-2016
  12. Sr. Joel: 30.3.2004 - 1.6.2010
  13. Sr. Princy Maria:  21.4.2006, Oberin seit 2019
  14. Sr. Josia:  21.4.2006
  15. Sr. Rani Maria:  18.6.2011 - 20.7.2015
  16. Sr. Amal Grace:  26.11.2012
  17. Sr. Melvin: 25.5.2016
  18. Sr. Angel: 25.5.2016
  19. Sr. Jovit:  2.11.2021

Wir hoffen sehr, dass den mittlerweile 19 CMC-Schwestern viele weitere indische Ordensschwestern folgen werden und es in St. Josef auch in Jahrzehnten noch harmonische Gemeinschaft mit indischen Schwestern geben wird. Möge der liebe Gott den Schwestern der Congregation of Mother of Carmel fortwährend die nötige Kraft für den aufopferungsvollen Dienst an hilfsbedürftigen und notleidenden Menschen schenken.